Mittwoch, 7. Januar 2009

Muss das sein?

Ich habe den Spiegel ja noch nie sehr gemocht. Er ist zu oft zu oberflächlich, negativ und herablassend. Wenn er über Leute unter 30 schreibt, dann sind das

1) arme Würstchen ohne Zukunftsperspektiven, die allerdings noch mehr jammern als eh notwendig wäre.
2) faule Säcke
3) naiv

oder eine Kombination dieser drei Dinge.

Der Titel vom Montag hat mich aber diesmal nicht deswegen aufgeregt.



Das Cover könnte so auch in der Gala sein, da haben die Poster im spiegelonline Forum schon recht. Der Artikel (Überschrift im Heft: "Der Boss des Präsidenten") ist eine Art Homestory über Michelle und Barack Obama, geschrieben von Klaus Brinkbäumer. Er ist nicht ganz schlecht, manchmal verfängt der Autor sich in Floskeln, aber zumindest steht er Michelle Obama Komplexität zu.
Sie wird in der Beschreibung oft "accesoirisiert", sie mache Barack Obama komplett, ergänze ihn. "Sie glättet, wo es holpert, schärft, wenn er stumpf bleibt."
Es liest sich schnell, man ist NIEMALS überfordert, denn der Autor verwendet nur kurze, kurze, kurze Sätze. Soll wohl amerikanisch wirken. "Barack Obama wollte mal Architekt werden. Dann Basketballer. Dann Richter. Michelle Obama hatte solche Ziele nicht. Sie war einfach strebsam. Examen wollte sie machen. Die Gesellschaft ändern. Nicht etwas werden, sondern etwas tun."
Würg.

Doch das alles hat mich nicht so geärgert. Geärgert hat mich der Titel - "Obamas bester Mann. Machtwechsel in Amerika. EIn Präsidentenpaar und seine Vision von einer besseren Welt.". Michelle Obama ist Obamas bester Mann. Wow. So weit haben es die Frauen geschafft, dass ihnen, wenn sie besonders toll sind und man ihnen komplimentieren will, gesagt wird, sie seien so gut wie Männer!
Die Hauptaussage des Artikels ist ja: "Michelle Obama ist eine Präsidentengattin wie es Hilary Clinton war. Nur sexier und sie lässt sich nicht von ihrem Mann bescheißen." - Ist sie deswegen Obamas bester Mann? 
Was soll der Titel ausdrücken? Wer intelligent und sexy ist und sich nicht bescheißen lässt, muss ein Mann sein? Der Spiegel schreibt nicht nur über 50-jährige weiße Männer und Angela Merkels Nasolabialfalten? Obama ist nur im Paket mit seiner Frau zu haben?

Ich bin sensibilisiert durch Judith Butler, Les Reines Prochaines und andere Feministinnen, ich weiß. Klaus Brinkbäumer hat sich den Titel höchstwahrscheinlich nicht selbst ausgedacht. Doch wer auch immer es war, ist ein Ignorant (ich gehe mal davon aus, dass es ein Mann war). 
Ja, der Titel drückt kurz und sachlich das aus, was er ausdrücken will - aber die schnelle Assoziation "Michelle Obama ist Barack Obamas bester Mann = Michelle Obama ist super" funktioniert nur durch unser patriarchal geprägtes Denken und reproduziert es dadurch. Dass Sprache Macht ist, lernt man eigentlich ziemlich früh im Journalismus.



2 Kommentare:

M a t z hat gesagt…

Ich wünschte ich wär so belesen. Dann könnt ich auch so nette Sachen schreiben. Ich bin immer wieder begeistert von deinen erfrischend (das musste ich einfach schreiben) aufgeklärten und bedachten Posts. Ich les hier echt gern.

Isis hat gesagt…

Danke! Das geht runter wie Butter und macht den Tag gleich viel schöner.
Dafür kannst du Fotos machen - du kannst dir gar nicht vorstellen, WIE untalentiert ich da bin.
Na ja, vielleicht sehen wir uns heute abend zum Spielen, hoffentlich geht es sich bei mir aus.